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Kein Antisemitismus, nirgends? Erscheinungsformen des Antisemitismus in Deutschland seit 1945
Januar 22 @ 20:15 – 23:15
Mit der Niederschlagung des Nationalsozialismus durch die Alliierten im Jahr 1945 wurde in den beiden deutschen Nachfolgestaaten zwar die Demokratie, respektive eine sich dezidiert antifaschistisch wähnende, sozialistische Diktatur installiert – die antisemitischen Einstellungen in der deutschen Bevölkerung, die flächendeckend über alle Schichten und Lager hinweg verbreitet waren, die den Erfolg Hitlers flankiert und die industrielle Massenvernichtung von 6 Millionen europäischer Juden und Jüdinnen ermöglicht hatten, waren jedoch mitnichten verschwunden. Sie lebten weiter fort, wenn auch unter veränderten Vorzeichen: Die staatsoffizielle Verurteilung des Antisemitismus bei gleichzeitiger Verdrängung der gesamtgesellschaftlichen und individuellen Schuld in der Bundesrepublik, sowie ein proklamierter „Antifaschismus“ bei gleichzeitiger institutionalisierter Marginalisierung der Shoah und Schuldabwehr und einem marxistisch-leninistischen Antizionismus in der DDR waren ausschlaggebend für das Entstehen eines je spezifischen „Antisemitismus nach Auschwitz“ in West- und Ostdeutschland. Der Vortrag gibt eine historische und theoretische Einführung in die Entstehung des Antisemitismus nach 1945 in beiden deutschen NS-Nachfolgestaaten und skizziert die zentralen Erscheinungsformen.
Anja Thiele ist Literaturwissenschaftlerin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena. Sie forscht schwerpunktmäßig zu Antisemitismus und Erinnerungskultur in Deutschland. Zuvor hat sie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena über Darstellungen der Shoah in der Literatur der DDR promoviert.